Februar 2020, Aarau (Schweiz)

»Tobias, warum gibst du deinem Leben eine neue Richtung?«

»Soll ich das Bike mitnehmen?«, fragt er.
»Klar, vielleicht werde ich auch darüber was schreiben.«
Wir gehen ein Stück aus dem Dorf. Purer Sonnenschein, keine Wolken. »Wie geht es dir?«, frage ich Tobias.
»Nicht allzu schlecht. Irgendwie fühle ich mich ständig ein bisschen müde.«
Ich mich ebenfalls. Obwohl ich 8 Stunden schlafe, könnte ich mich über Mittag ohne Probleme wiederum für eine Stunde hinlegen. Auf der Strasse versuchen wir ein Foto zu schiessen, aber das Licht ist noch immer zu harsch, darum entscheiden wir uns, eine Runde um das Feld zu drehen.

»Es ist nicht leicht, sich an die neue Situation zu gewöhnen«, erzählt er mir. »Im Alter von zehn Jahren begann ich zu biken. Ich trainierte sehr viel über die Jahre, nahm an vielen Rennen teil. Ich arbeitete nur an drei Tagen die Woche um mehr Zeit zur Verfügung zu haben. Ich bin ehrgeizig. Biken ist mein Ding.«
Letztes Jahr entschied er sich, wegen muskulärer Beschwerden mit dem Hochleistungssport aufzuhören. »Es hat bereits vor 6 Jahren begonnen. Ich weiss nicht einmal, ob sich das alles nur in meinem Kopf abspielt.«
Heutzutage treibt er immer noch viel Sport, einfach eine Variation davon. Und er begann eine Weiterbildung.
»Warum hast du diese Weiterbildung begonnen?«, frage ich.
»Ich will vorwärts kommen im Leben. Glücklich sein.«
»Kennst du die Maslow-Pyramide?«
»Ja. Ist es nicht verrückt, dass wir uns ganz oben befinden? Und wir sind immer noch nicht zufrieden? Ich habe das Gefühl, dass mir die Zeit davonläuft.«
»Im Alter von 22?« Es ist nicht das erste Mal, dass ich diese Aussage von einer solch jungen Person höre.
»Ich kenne einen 30-Jährigen, der einfach jeden Tag nimmt, wie er kommt. Und andere Leute auch. Manchmal denke ich: ›So will ich auch sein.‹ Aber ich werde besser darin, mich zu akzeptieren, wie ich bin.«
»Fühlst du Druck, dich zu ändern?«
»Nein, so weit würde ich nicht gehen. Ich bin einfach ein bisschen anders. Ich rede normalerweise nicht so viel. Ich mag es, allein zu sein.«

In der Zwischenzeit ist die Sonne hinter dem Hügel verschwunden. Somit machen wir Fotos. »Du siehst aus wie ein Model«, scherze ich.

Als wir zurückgehen, stimmen mich seine Worte nachdenklich. »Irgendwie führen diese Gespräche immer zu Themen über Gefühle«, sage ich.
»Ich schätze, das ist einfach das übergreifende Konzept deiner Geschichten?«
_
Am Abend erhalte ich eine Textnachricht: ›Es fühlte sich gut an. Ich habe fast nie solche Gespräche.‹
Ja, auch ich werde unsere Begegnung in Erinnerung behalten.