An einem nassen, trüben Nachmittag traf und fotografierte ich Miriam in ihrem Zuhause. Auf meine Frage antwortete sie:
»Vielleicht bereits als Kind oder erst mit 30 … irgendwann merkst du, dass nichts für immer ist. Und das ist keine Ernüchterung, im Gegenteil.
Auf einer Wanderung in Neuseeland vor 7 Jahren regnete es so stark wie heute, das Wasser lief mir über das Gesicht, doch uns blieb keine andere Wahl als weiterzugehen. Auf einem Stein rutschte ich aus und noch während ich auf dem Boden lag, dachte ich amüsiert: ›Das hier, das ist nicht dein Ende.‹
Irgendwie hatte es was ausgelöst, denn als wir weitergingen, spulte ich die Vergangenheit ab und sah, mit welchem Tatendrang ich durch mein Leben ging. Aber etwas fehlte, etwas, das ich damals nicht genau greifen konnte.
Zwei Jahre vergingen, dann lag ich 2 Wochen im Bett, hatte stechende Schmerzen in der Brust, hohes Fieber, aber hatte Glück und wurde gesund. Gleich darauf machte ich mich auf in die Stadt, leerte vorher den Briefkasten und fand einen Brief mit einer unerfreulichen Diagnose, die mich monatelang beschäftigen sollte. Ich las die Zeilen dreimal, packte den Brief wütend in den Rucksack. Auf wen oder was sollte ich wütend sein? Warum raste mein Leben so an mir vorbei?
Mir hat es gutgetan zu merken, dass alles irgendwann ein Ende hat. Ich nutze das, um mich zu fragen: Habe ich unerfüllte Wünsche oder solche, die ich noch gar nicht kenne? Es ist nicht lange her, da sagte mir eine Freundin, sie habe sich durch unser Gespräch getraut, ihrem Bekannten ihre Gefühle zu gestehen, auch wenn diese schlussendlich nicht erwidert worden waren. Ich behaupte nicht, dass Dringlichkeit das Stichwort ist, sondern abbremsen, meine umherfliegenden Ideen im Kopf stoppen (was nicht immer einfach ist) und dann: Beobachten, was übrigbleibt. Manchmal schreibe ich drauflos, allein; manchmal leite ich eine Gruppe an, und obwohl sie diese intimen Texte nicht mit mir teilen müssen, tun sie es meistens. So ermutigen wir uns gegenseitig.
Darum ist meine Antwort: Endlichkeit ist das, was ich nicht vergessen will. Dadurch geniesse ich die Dinge auch mehr. Sei es ein Kuss, eine Begegnung oder ein leckeres Essen vor mir.«